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Häuser des Jahres – Die besten Einfamilienhäuser 2019

„Die idealste, weil natürlichste Wohnform ist das Einfamilienhaus im Flachbau … Nie wird die Wohnung im mehrgeschossigen Mietshause der Familie und vor allem dem Kinde die gesunden Lebensbedingungen ersetzen können, die das Einfamilienhaus bietet …“ Das zumindest behauptete der Architekt und Frankfurter Baudezernent Ernst May im Jahr 1930. Und auch wenn der Begriff der Familie sich seither verändert hat, auch wenn die Ansprüche an gesunde Lebensbedingungen heute andere sind als damals: Das Einfamilienhaus ist und bleibt der beliebteste Gebäudetypus, allen Experten zum Trotz, die im Haus mit Garten ein überkommenes Modell, einen Flächenfresser, Landschaftszerstörer und Ressourcenverschwender sehen, der eigentlich verboten gehört. Zumal es zur drängenden Frage, wie im großen Stil Wohnraum geschaffen werden kann, nichts beizutragen scheint. Tatsächlich ist der Siegeszug des Einfamilienhauses vergleichsweise jung: Er setzt erst mit der industriellen Revolution ein, verspricht im Kaiserreich Flucht vor der hohen baulichen Dichte und der Umweltbelastung der Kernstädte und versorgt zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch breitere Bevölkerungsschichten mit naturnahem Wohnraum im Umland – der Straßen bzw. Eisenbahn sei Dank. Die Nationalsozialisten hingegen förderten das Einfamilienhaus, weil Wohngebiete mit geringer Dichte im Luftkrieg kein gutes Ziel abgaben. In der Nachkriegs-BRD wird das Einfamilienhaus dann zum manifestierten Wirtschaftswunder, das das individualisierte, liberale Gesellschaftsbild in Stein meißelt und in Beton gießt. Heute ist das Einfamilienhaus die dominierende Wohnform, in Deutschland leben 53 Prozent der Bevölkerung in Ein- oder Zweifamilienhäusern, die 83 Prozent aller Wohnhäuser ausmachen. Von den annähernd 19 Millionen Wohngebäuden in Deutschland sind – Stand 2016 – 12,5 Millionen Einfamilienhäuser, weiß das Statistische Bundesamt. Dazu kommen noch gut 3 Millionen Zweifamilienhäuser. Es ist also sinnvoll, sich auch im Jahr 2019 mit dem Einfamilienhaus zu beschäftigen. Und dabei vor allem auf die Qualität zu schauen! Zwar tut die schwarz-rote Bundesregierung einiges dafür, den Zuspruch für diese Wohnform zu zementieren, Stichwort Baukindergeld. Doch leider hat sie offensichtlich nie daran gedacht, den Zuschuss ausschließlich zu gewähren, wenn das Haus vom Architekten geplant wird.

Und statt die Sätze der HOAI zu erhöhen, steht die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure gerade beim Europäischen Gerichtshof zur Disposition … Das ist beim Wettbewerb „Häuser des Jahres“, der die 50 besten Einfamilienhäuser im deutschsprachigen Raum auswählt, in diesem Jahr bereits zum neunten Mal, naturgemäß anders. Bei der Kommunikation mit den 50 Architekten, die mit ihren Büros die Häuser geplant und gebaut haben, die zu den Häusern des Jahres 2019 gehören, habe ich erstmals auch danach gefragt, was der Reiz und das Problem beim Bau eines Einfamilienhauses ist. Stellvertretend für die vielen klugen, ehrlichen, nachdenklichen, begeisterten Antworten, die ich erhalten habe und von denen wir einige im Buch für Sie abgedruckt haben, sagt der Münchner Architekt Thomas Unterlandstättner: „Reizvoll ist das Individuelle, das Maßgeschneiderte. Problematisch ist das Individuelle, das Maßgeschneiderte. Beides ist – wenn es bis zum Ende durchgehalten wird – unbeschreiblich zeitaufwendig, nervenaufreibend und über weite Strecken nicht angemessen entlohnt. Aber es ist auch schön, wenn die Bauherren, nachdem die anfänglichen Kinderkrankheiten beseitigt und die nachgezogenen Fertigstellungen in Vergessenheit geraten sind, zufrieden und glücklich sind in ihrem Haus und man als Architekt nach Jahren vorbeikommt und feststellt: Es funktioniert!“ Damit alle ausgewählten Häuser auch für Sie als Leser schön und reizvoll zum Anschauen sind, haben wir das Buch „Häuser des Jahres 2019“ wieder vom Büro Rose Pistola aus München aufbereiten lassen. Wie gewohnt werden Häuser aus allen Teilen Deutschlands auf vier bis acht Seiten darin vorgestellt, ebenso wie Projekte aus der Schweiz, aus Südtirol und aus Österreich. Nachhaltigkeit ist für die Architekten längst kein extra zu erwähnendes Thema mehr, sondern Normalität: Mal wird dieser Anspruch technisch umgesetzt, mal vor allem durch die Wahl des Materials, mal durch die Flexibilität des Grundrisses, der an zukünftige Nutzer und ihre Bedürfnisse denkt und manchmal einfach schon durch die richtige Setzung auf dem Grundstück. Häuser in der Stadt überzeugten die Jury ebenso wie Häuser auf dem Land, die meisten sind neu gebaut, einige haben sich mit Bestand auseinandergesetzt. Die 50 Häuser werden präsentiert anhand professioneller Innen- und Außenraumfotos. Lagepläne im Maßstab 1:2000 machen die städtebauliche Einbindung der Gebäude deutlich, Grundrisse und Schnitte – in der Regel im Maßstab 1:400 – wurden von den Architekturbüros zur Verfügung gestellt ebenso wie Angaben über Grundstücksgröße, Wohnflächen, Bauweise, Energiestandard, Baujahr und bisweilen auch die Baukosten. Die Architekten haben angegeben, mit welchen Herstellern und Firmen sie zusammengearbeitet haben, von den Architekten stammen zudem die Entwurfserläuterungen, die mir beim Verfassen der Hausbeschreibungen geholfen haben. Die meisten haben mir bereitwillig und ausführlich geschildert, wie sie an den Auftrag gekommen sind, welche Herausforderungen der Entwurf und die Realisierung an sie stellte und welche Reaktionen das Haus in der Nachbarschaft provozierte. Die Frage, wie das Verhältnis zwischen Architekt und Bauherr nach Fertigstellung des gemeinsamen Projekts ist, erübrigt sich wie üblich: Keines der Gebäude wäre in diesem Buch, wenn sich Bauherren und Architekten nicht mehr verstünden, die Zustimmung der Nutzer ist selbstverständliche Bedingung für die Teilnahme am Wettbewerb. Daher gilt auch in diesem Jahr: Kompliment und ein herzlicher Dank allen Architektinnen und Architekten und ihren Bauherrinnen und Bauherren! Es lohnt sich. Trotz allem und gerade deswegen.

Die Autoren
Jan Weiler ist Journalist und Schriftsteller. Er war viele Jahre Chefredakteur des SZ Magazins. Sein erstes Buch Maria, ihm schmeckt´s nicht! Gilt als eines der erfolgreichsten Romandebüts der Nachkriegszeit.
Katharina Matzig hat Architektur an der TU Braunschweig studiert und als Redakteurin für Bau-Netz in Berlin gearbeitet. Sie schreibt Texte für Fach- und Tagespresse und ist seit 1997 für die Architekturvermittlung bei der Bayerischen Architektenkammer zuständig.

Die Jury
Vorsitz: Peter Cachola Schmal, (Direktor Deutsches Architekturmuseum, Juryvorsitzender); Nicola Borgmann, (Architektin und Kunsthistorikerin, Leitung Architekturgalerie München); Jochen Dietrich, (Redaktionsleiter n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH); Prof. Alexander Gutzmer, (Chefredakteur Architekturmagazin Baumeister); Thomas Kröger, (Architekt und Gewinner „Häuser des Jahres 2018“); Dr. Gerhard Mack, (Redaktion Architektur, Neue Zürcher Zeitung); Katharina Matzig, (Architekturjournalistin und Buchautorin); Roland Merz, (Chefredakteur Archithema Verlag); Ulrich Nolting, (Geschäftsführer InformationsZentrum Beton); Jan Weiler, (Journalist und Schriftsteller)

Jan Weiler, Katharina Matzig
Häuser des Jahres
332 Seiten
550 farbige Abbildungen und Pläne
23 x 29,7 cm
gebunden
ISBN 978-3-7667-2425-0

Verlag: Callwey [1]