Otto Wagner – Die Wiener Stadtbahn – Eine Geschichte der Beschleunigung

Die Bauten der Wiener Stadtbahn zählen zu den Höhepunkten im Schaffen Otto Wagners und nehmen innerhalb der Geschichte der modernen Architektur einen besonderen Platz ein: Zum ersten Mal wurde ein urbanes Massenverkehrsmittel als ästhetisches Objekt begriffen und systematisch (bau-)künstlerisch gestaltet. Zum 100. Todestag des renommierten Architekten würdigt der Band Otto Wagner – Die Wiener Stadtbahn erstmals die Bedeutung der Stadtbahn und ihren Stellenwert für Wien.

Als im Frühjahr 1898 die Wiener Stadtbahn eröffnet wurde, verrringerte sich die Distanz zwischen zuvor weit voneinander entfernten Punkten auf nur wenige Fahrminuten. Die abwechslungsreiche Trasse eröffnete völlig neue Perspektiven auf eine scheinbar vertraute Stadtlandschaft. Mit hoher Geschwindigkeit bewegten sich die Passagiere durch Räume, die zuvor lediglich mit dem Tempo von Pferden durchmessen werden konnten. Die Beschleunigung im Verkehrswesen hatte die Großstadt erobert.

Dass Wien mit der Stadtbahn auch einen der wichtigsten Großbauten der frühen Moderne erhielt, war keineswegs ausgemacht: Ein historischer Glücksfall führte dazu, dass Otto Wagner (1841–1918)  zu den bereits weit fortgeschrittenen Planungen hinzugezogen wurde und das Infrastrukturprojekt als städtebauliche Aufgabe begriff. Der österreichische Architekt inszenierte die Bahnfahrt als ästhetisches Ereignis: Die moderne Formensprache seiner Viadukte, Brücken und Stationsgebäude war der Modernitat des Transportmittels angemessen. Wagner wählte Eisen als Ausgangsmaterial für seine Baukunst der Zukunft und visualisierte an der Stadtbahn die Bandbreite seiner formalen Möglichkeiten. Durch ihr unverwechselbares Design wurde die Stadtbahn zum markantesten Bauwerk Wiens – das dank seiner unübertroffenen Funktionalität bis heute den Verkehrsalltag prägt.

Für Wagner bedeutete das Projekt auch den Aufstieg zu einem der berühmtesten modernen Architekten seiner Zeit. Nach dem Ende der österreichischen Monarchie geriet diese epochale Leistung ein wenig in Vergessenheit und in den 1960er- und 1970er-Jahren fielen einige Stadtbahnstationen der Spitzhacke zum Opfer. Heute sind die Linien der Stadtbahn jedoch untrennbar in das U- und S-Bahn-Netz der Stadt integriert und somit selbstverständlicher Bestandteil des Wiener Alltagslebens – so selbstverstandlich vielleicht, dass man die Einzigartigkeit von Wagners Bauwerk wieder einmal in Erinnerung rufen muss.

Die Publikation Otto Wagner – Die Wiener Stadtbahn widmet sich dem stadtplanerischen, architektonischen und verkehrsgeschichtlichen Stellenwert der Stadtbahn von 1894 bis in die Gegenwart. Der Bildteil lädt zu einer Fahrt durch das gesamte Stadtbahnnetz ein. Zeichnungen, Pläne und Fotografien gewähren einen historischen Eindruck der Dimensionen des Großprojekts, während neue Aufnahmen von Nora Schoeller zeigen, wie stark die Stadtbahn bis heute im Straßenbild Wiens verankert ist, und den Blick auf zahlreiche gestalterischen Details lenken. »Wenn dieses Buch das Wissen um den ausergewöhnlichen Stellenwert der Stadtbahn und die Bedeutung Otto Wagners fur Wien erweitert und zugleich das Bewusstsein für höchste Qualitat in Architektur und Stadtplanung schärft, dann haben wir unser Ziel erreicht«, so Herausgeber Alfred Fogarassy.

Alfred Fogarassy Hsg.
Otto Wagner – Die Wiener Stadtbahn
224 Seiten
201 Abbildungen
gebunden mit Schutzumschlag
24,50 x 30,00 cm
ISBN 978-3-7757-4347-1

Verlag: Hatje Cantz