Der ausgestopfte Barbar

Der meisterhaft durchkomponierte, mit hervorragenden historischen Kenntnissen und feinen sprachlichen Trouvaillen verfasste, bis zuletzt spannende und zum Weiterlesen verführende historische Roman stellt die Arbeit von zehn Jahren dar, der Autor hat seine Dissertation über die Gestalt Angelo Solimans geschrieben und dazu im österreichischen Staatsarchiv, im Freimaurerarchiv und in der österreichischen Nationalbibliothek Nachforschungen angestellt.

Von den beiden Hauptakteuren des Romans dürfte den österreichischen Leserinnen und Lesern die Figur des Angelo Soliman bekannt sein.

Soliman (etwa 1720-1798) war zur Zeit der Aufklärung in Wien eine berühmte Persönlichkeit. Der Freimaurer und zahlreicher Sprachen mächtige Naturwissenschafter von Format kam im Kindesalter als Sklave, gleichsam ein „exotisches Geschenk“, aus Schwarzafrika nach Europa. Dank den Erziehungstheorien seiner Zeit bekam er am Fürstenhof eine hervorragende Ausbildung und wurde zu einem brillanten Geist seiner Epoche.

Er erhielt, zunächst am Hof des Fürsten Lobkowitz, dann in Wien als Höfling des Fürsten Liechtenstein eine vielfältige Bildung und bewegte sich in Kreisen der Freimaurer. Er bereiste Europa und pflegte gute Beziehungen zu Kaiser Joseph II., zu Ignaz von Born, dem großen Mineralogen und Meister vom Stuhl der Loge Zur wahren Eintracht. Angelo war zugleich Jahrmarktsattraktion, lebende Statue der Fremdheit, ein guter Unterhalter, scharfsinniger Wissenschafter, ein echter Universalgelehrter, der sich innerhalb der Naturwissenschaften speziell in die Medizinwissenschaften vertieft hatte, und der nach seinem Tod zum Symbol der Verhöhnung der Menschlichkeit wurde.

Dass jemand von seinen eigenen Freunden ausgestopft werden muss, ist eine wahrlich absurde Situation. Soliman kannte nämlich den Doktor und auch Franz Thaller, den Hofbildhauer, er war mit ihnen befreundet. Seine Haut wurde auf eine Statue aus Holz gespannt und als namenloses Exemplar seiner „Rasse“ im Hof-Naturalien-Cabinet, dem Vorgänger des Naturhistorischen Museums, ausgestellt, bis sie in einem Feuer bei den Kämpfen des Jahres 1848 zugrunde ging.

Erzählt wird der Roman von Sophie Török, der Witwe Kazinczys, einer frei denkenden, gebildeten, nach dem Maßstab ihrer Zeit emanzipierten Frau. Vor dem ausgestopften Körper Angelos erinnert sie sich an die Erzählungen ihres Mannes aus seiner Jugend, deren Schlüsselfigur der „schwarze Freund“ gewesen ist.

Das Buch Gergely Péterfys, Der ausgestopfte Barbar, war in den letzten Jahren einer der größten Erfolge auf dem ungarischen Buchmarkt. Im Jahr seines Erscheinens, 2015, erhielt es den angesehenen nicht staatlichen Literaturpreis Aegon, es erlebte bisher 5 Auflagen von insgesamt 15.000 Exemplaren.

Gergely Péterfy – Schriftsteller, Drehbuchautor, Lektor, er diplomierte im Fach Latein-Griechisch an der ungarischen Universität der Wissenschaften ELTE.

Gergely Péterfy
Der ausgestopfte Barbar
Aus dem Ungarischen von György Buda
556 Seiten
ISBN 978-3-9503906-2-9

Verlag: Nischen Verlag

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